Kölner Stadt-Anzeiger/ Leverkusener Anzeiger vom 25.01.2007 |
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Leverkusen
Vorhang zu für Schauspiele
Von Ingeborg Schwenke-Runkel
„Der Kulturbereich hat seine Hausaufgaben gemacht“, sagt CDU-Mitglied und Gymnasiallehrer Bernhard Marewski. Alle Fraktionssprecher im Ausschuss lobten die Kulturverwaltung und dankten ihr für die Verantwortung, die sie gezeigt habe. CDU, SPD, Grüne, FDP und Pro Opladen stimmten dem Wirtschaftsplan 2007 zu. Die Bürgerliste enthielt sich der Stimme.
Harte Einschnitte sieht dieser Plan vor: Sechs Schauspiele im Forum fallen weg - ein ganzer Ring ist gestrichen. Das spart 80 000 Euro ein. Doch sparen, sparen sparen ist die Vorgabe des Regierungspräsidenten Hans Peter Lindlar. Mit diesem Sechserpaket werden Vorstellungen gestrichen, die bislang die Stadt schmückten. Sie brachten Inszenierungen an die Dhünn, für die die Zuschauer nach Hamburg, Dresden, München oder Berlin hätten fahren müssen. Doch für das, was eine Kommune ziert, fehlt das Geld, also hat sich Marion Grundmann, die Leiterin von KulturStadtLev entschlossen, jenes Segment zu streichen, das einerseits teuer ist und einen „ganz schlechten Kostendeckungsgrad erreicht. Es war ein Abwägen“, sagte sie gestern auf Anfrage.
Die Studio-Produktionen auf der Forum-Bühne bleiben erhalten, denn die Auseinandersetzung mit moderner Ästhetik soll dem Publikum nicht vorenthalten werden. Diese „kleinen“ Aufführungen sind vergleichsweise günstig, weil sie weniger aufwändig und mit zu fast 100 Prozent durch die Zuschauerzahlen ausgelastet sind. Auch die „leichteren“ Veranstaltungen mit Tourneeproduktionen in der Opladener Festhalle bleiben bestehen, ebenso die Gastspiele im Bereich Tanztheater, Ballett, Oper Kinder- und Jugendtheater im Forum.
500 000 Euro wird der Kulturbereich im Etatentwurf 2007 zusätzlich einsparen. Der Effekt soll durch Gebührenerhöhungen (Musikschule, Museum Schloss Morsbroich), Mieteinnahmen (Forum, Gartensaal), Stellenabbau und gekappte Zuschüsse erreicht werden. So erhalten die Künstler im Künstlerbunker überhaupt keine Unterstützung mehr. Das Sparen, sagte Roswitha Arnold, Bündnis 90 / Die Grünen, sei nur möglich geworden, weil es „an die Struktur gegangen ist.“
„Kultur hat nicht geaast“
„Die Kultur hat nicht geaast“, formulierte Ellen Tolle, Finanzexpertin und Kultursachverständige. Die SPD-Politikerin verwies auf das stetig geschrumpfte Budget der vergangenen Jahre in der Kultur: 1990 waren es 3,6 Prozent des Gesamthaushalts, 2005 nur noch 2,2 Prozent.
Den rigiden Kurs der Regierungsaufsicht hält Hans Klose (SPD) für „grundsätzlich falsch, aber wir müssen ihn zur Kenntnis nehmen. Auf „dem hohen Päd“, wie Lindlar meine, säßen die Leverkusener schon lange nicht mehr: „Was wir haben, ist ein Klepper“. Er hat dem RP einen Brief geschrieben, in dem er ihm seine Meinung darlegt.
KOMMENTAR:
Einsicht in das Notwendige
Von Ingeborg Schwenke-Runkel
Der Einschnitt schmerzt. Er tut richtig weh: Kein Otto Sander mehr als Hauptmann von Köpenick, kein Thalia-Theater Hamburg, kein Staatsschauspiel Dresden im Forum.
Es waren die großen Ensembles, die wichtige Inszenierungen und eindrucksvolle schauspielerische Leistungen, die in der Republik Aufsehen erregt hatten, nach Leverkusen brachten und zum Aushängeschild für die Stadt machten. Häufig hatten die Vorstellungen Exklusivcharakter, weil sie in Nordrhein-Westfalen nur ein einziges Mal zu sehen waren - und das zwischen den Metropolen Köln und Düsseldorf.
Die schönen Tage im städtischen Kulturbereich sind vorbei, lässt sich frei nach Friedrich Schiller zitieren. Zugunsten elementarer Kulturversorgung verzichtet die Verwaltung auf eine tragende Säule ihres Angebots. Jugendkunstgruppen oder Theater an der Ruhr? Das ist die Frage.
In guten Zeiten lautet die Antwort: Beides ist richtig, und beides müsste auch zukünftig erhalten bleiben. Doch wenn die Sparzange des Regierungspräsidenten eine Entscheidung erzwingt, dann gibt es nur die eine Lösung: das mit allen Mitteln aufrecht zu erhalten, was Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung fördert. Dazu gehören Stadtbibliothek, Musikschule, Jugendkunstgruppen, Kindertheater. Schlimm genug, dass Töchter und Söhne von Arbeitslosengeld-II-Empfängern in dieser Stadt keine Zuschüsse für ihre Schulbücher bekommen. Aber das ist eine Entscheidung des Landes, die die Stadt in ihrer finanziellen Bedrängnis nicht korrigieren darf.
Zähneknirschen
Zähneknirschend stimmen die Kulturpolitiker der Strukturveränderung im kulturellen Profil zu. Der große Aufschrei bleibt aus. Die Einsicht in die Notwendigkeit bestimmt das Abstimmungsergebnis. Zum Satz des Regierungspräsidenten „Es ist zudem . . . nicht hinnehmbar, dass jede Kommune zum Beispiel eine eigene Kulturpolitik macht. In einem Großraum wie Köln, Bonn, Leverkusen muss die vorhandene Mobilität der Bürger mit berücksichtigt werden“, gäbe es indes noch viel zu sagen. Doch das ist ein anderer Kommentar.
Quelle: Leverkusener Anzeiger
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