Rheinische Post / Rhein-Wupper-Zeitung vom 29.04.2009 |
» Zurück |
Leverkusen
Stadt verschärft die Baukontrolle
Von Peter Korn
Leverkusen (RP) Der Stadtrat hat beschlossen, wieder Kontrolleure zu jedem fertiggestellten Gebäude zu schicken. Die Verwaltung beklagt: Ohne mehr Personal geht das nicht. Ingenieur- und Architektenkammer NRW warnen vor mehr Bürokratie.
Die Entscheidung war – vorsichtig ausgedrückt – eine dicke Überraschung. Die Stadt Leverkusen soll nach dem Willen des Stadtrats künftig wieder grundsätzlich jede Baumaßnahme vor Ort kontrollieren – auch jedes Ein- und Zweifamilienhaus. Damit hebelt Leverkusen de facto die Freistellungen von Genehmigungsverfahren aus, die das Land eingeführt hat, um Bürokratie abzubauen.
Das Archivbild zeigt das Neubaugebiet Bullenwiese – der Haupt-Auslöser für den Ratsbeschluss. RP-Archivfoto: Matzerath |
Die aufwändigen Genehmigungsverfahren waren 1995 für die meisten kleineren und mittleren Wohngebäude, Stellplätze und Garagen abgeschafft worden. Voraussetzung: Es existiert ein Bebauungsplan, dem diese Gebäude entsprechen. Damit entfiel bisher in den meisten Fällen die Abschluss-Kontrolle. Der Nachweis durch die Planungsunterlagen genügte. Das soll in Leverkusen nun nicht mehr gelten – der Prüfer soll in jedem Fall in Marsch gesetzt werden.
Bullenwiesen-Streit als Auslöser
Die Grünen hatten den Antrag gestellt – unter anderem als Konsequenz aus dem Streit um die Bebauung der Schlebuscher Bullenwiese. Im dortigen Neubaugebiet, so ihr Vorwurf, seien Gärten falsch bepflanzt und Garagen an falschen Standorten errichtet worden. SPD und UWG/OWG schlossen sich dem Vorstoß der Grünen an – am Ende entschied die Oberbürgermeister-Stimme.
Info |
Landesbauordnung
Folgende Bauvorhaben fallen laut §67, Absatz 1, unter die Genehmigungsfreistellung:
1. Wohngebäude geringer Höhe.
2. Wohngebäude mittlerer Höhe.
3. Die zu diesen Gebäuden gehörenden Nebengebäude (z. B. Abstellschuppen) und Nebenanlagen (z. B. Einfriedungen).
4. Die den Gebäuden dienenden Garagen und überdachte Stellplätze bis zu 1000 Quadratmeter Nutzfläche. |
|
"Wenn wir den Beschluss umsetzen wollen, müssen wir zusätzliches Personal einstellen. Das schaffen wir sonst nicht", warnte Baudezernent Wolfgang Mues in der Ratssitzung. Die Einstellung von Personal ist aber kein Bestandteil des Beschlusses. Laut Auskunft von Fachbereichsleiterin Lena Zlonicky beschäftigt die Stadt zurzeit einen eigenen Baukontrolleur sowie mehrere Ingenieure, die bei größeren Verfahren Kontrollaufgaben übernehmen. Zudem, so die Verwaltung, gebe es bei kleineren Objekten Stichproben. Man sei aber auch immer wieder auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen, um Bausünden aufzuspüren. Das wiederum ist für die Grünen ein Aufruf zum Denunziantentum, "den wir nicht mitmachen". Konsequenz: Künftig wird jeder automatisch kontrolliert.
Sowohl die Architektenkammer als auch die Ingenieurkammer NRW reagierten gestern mit Kopfschütteln auf das Leverkusener Vorhaben. Der Gesetzgeber habe nicht umsonst in der Landesbauordnung die Freistellungsverfahren eingeführt, erklärten ihre Sprecher auf RP-Anfrage. Ausdrückliches Ziel sei es gewesen, das Bauen zu vereinfachen und Bürokratie abzubauen – der Verzicht auf flächendeckende Kontrollen sei längst gängige Praxis in den Städten. Natürlich stehe es jedem frei, sie wieder einzuführen: "Aber das ist nicht gerade im Sinne des Erfinders."
Quelle: Rheinische Post / Rhein-Wupper-Zeitung
|
|