Rheinische Post / Rhein-Wupper-Zeitung vom 08.03.2005 » Zurück


IHK fordert eine Umstrukturierung der WFL

Das Wirtschaftsgremium der Industrie- und Handelskammer Leverkusen/Rhein-Berg fordert eine radikale Umstrukturierung der Wirtschaftsförderung Leverkusen (WFL). Um Firmen die Ansiedlung zu erleichtern, müsse die WFL politischen Ballast abwerfen und nur wirtschaftliche Interessen verfolgen. Fünf Mitarbeiter reichten, um - mit Stadtspitze, aber ohne Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung - Unternehmens-Akquise zu betreiben, so die Industrie- und Handelskammer. (rz)

Quelle: RP / Rhein-Wupper-Zeitung v. 08.03.2005



Kommentar:

Wer "Politik" machen will, sollte in die Politik gehen und nicht in Wirtschaftsgremien.

Die Wirtschaftsförderung Leverkusen GmbH hat bisher nichts anderes verfolgt als die wirtschaftlichen Interessen der Stadt Leverkusen im Sinne und zum Wohl der Bürgerschaft.
Bei der Gründung der WFL waren die Gesellschafter die Stadt Leverkusen (90 %) sowie die Sparkasse Leverkusen (10 %). Entsprechend vertreten waren auch die Mitglieder der Gesellschafterversammlung. Städtischerseits waren dies Vertreter aus der Verwaltung sowie Vertreter des Rates der Stadt Leverkusen. Die vom Rat in die Gesellschafterversammlung gewählten Vertreter sind weisungsgebunden, sie unterliegen den Entscheidungen des Rates. Die Mitglieder des Aufsichtsrates werden vom Rat der Stadt Leverkusen gewählt, um verantwortlich für die Stadt Leverkusen zu handeln.

Inzwischen haben sich die Gesellschafteranteile geändert: Stadt Leverkusen 78,99 %, Sparkasse Leverkusen 20 %, Bayer Industry Services GmbH & OHG 1,01 %.
An der Verantwortung der Mitglieder in Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat hat sich dadurch nichts geändert.

Das Wirtschaftsgremium der Industrie- und Handelskammer Leverkusen/Rhein-Berg fordert nun die Auflösung der Wirtschaftsförderung als GmbH und die Rückkehr in die Verwaltung. So war es früher einmal gewesen - wenig erfolgreich.

Gefordert wird jetzt, "politischen Ballast" abzuwerfen. Unterstellt wird hier, dass in den Gremien der WFL Parteipolitik an der Tagesordnung sei. Dies ist falsch. Nicht nachzuvollziehen ist, dass nunmehr diese Forderungen ausgerechnet von Mitgliedern erhoben werden, die selbst der Gesellschafterversammlung bzw. dem Aufsichtsrat der WFL angehören. Denn dort haben sich diese bisher noch nicht entsprechend geäußert. Welche "Politik" wird von ihnen selbst vertreten?

Beratung der IHK Leverkusen/Rhein-Berg durch eigenes Wirtschaftsgremium?

Viel wichtiger als dem Rat der Stadt Leverkusen schlechte Ratschläge zu geben, wäre es für das Wirtschaftgremium, die Industrie- und Handelskammer Leverkusen/Rhein-Berg noch stärker zu beraten.

Ein Beispiel:

Die Stadt Leverkusen beabsichtigte, an der "Oulun Suurmessut 2005" ("Großmesse Oulu") teilzunehmen; die größte Verbrauchermesse im Norden Skandinaviens findet alle drei Jahre statt.

Es sollte einen gemeinsamen Messestand geben, auf dem sich nicht nur die Stadt Leverkusen, sondern auch Leverkusener Unternehmen präsentieren sollten. Im Frühjahr 2004 wandte sich die Stadt Leverkusen u.a. an die Industrie- und Handelskammer Leverkusen/Rhein-Berg mit der Bitte um Unterstützung. Immerhin macht die IHK geltend, dass gerade klein- und mittelständischen Firmen die Internationalisierung der Wirtschaft oft besonders schwierig erscheint und sie deshalb ihre Mitgliedsunternehmen bei ihrem Eintritt in ausländische Märkte mit Informationen, Schulungen und Beratung unterstützt.

Gebeten wurde die Leverkusener Zweigstelle (Ansprechpartner für rund 20.000 Mitglieds-
unternehmen im Gebiet der Stadt Leverkusen und im gesamten Rheinisch-Bergischen Kreis) der IHK Köln darum, über die Kammer eine mögliche Messebeteiligung von Unternehmen am Leverkusener Messestand bekannt zu machen.

Antwort u.a.: Ein Hinweis im IHK-Magazin "markt und wirtschaft" könne nicht gedruckt werden. Dort gebe es noch nicht einmal Hinweise auf Kölner oder NRW-Messen. Der Norden Finnlands sei dann natürlich ganz aus dem Rennen. Fehlanzeige also.




Leverkusen auf der Ouluer Großmesse 2005



 v.r.: Bernhard Marewski, Ratsherr, und  Armin Kühler, LaGa Leverkusen, informie-
 ren über den Wirtschaftsstandort Leverku-
 sen und die Landesgartenschau 2005.
Gebeten wurde darum, aus dem Kammerkreis Adressen von exportorientierten Unternehmen zu erhalten, die dann auf dem Messestand sich gemeinsam mit Leverkusen und der Region präsentieren.

Antwort der IHK Leverkusen/Rhein-Berg: Eine solche Adressenliste könne nicht bereitgestellt werden, deshalb nicht, weil sie ca. 5.000 Firmen in ihren Dateien habe und bei so einer branchenübergreifenden Messe keinen Möglichkeiten sehe, um wenigstens nach Branchen zu sortieren. Fehlanzeige also auch hier.

Die Frage muss erlaubt sein, mit welchen abrufbaren Kriterien denn diese Datenbanken ausgestattet sind, dass solche Abfragen nach Exportorientierung und Konsumorientierung nicht möglich sind.
Anderswo gibt es sog. "Branchenbücher", die solche Daten abrufbar enthalten.

Ergänzende Information:
Die Stadt Leverkusen nahm an der "Oulun Suurmessut 2005" ("Großmesse Oulu") teil, die vom 13. bis 17.08. 2004 in Leverkusens nordfinnischer Partnerstadt Oulu stattfand [Bericht].
Schwerpunkt war neben der "Landesgartenschau Leverkusen 2005" der Wirtschaftsstandort Leverkusen - mangels Interesse ohne (!) Beteiligung Leverkusener Unternehmen, nur vertreten durch den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der WFL GmbH.
Bernhard Marewski  


Siehe auch:
IHK-Wirtschaftsgremium Leverkusen fordert starke Wirtschaftsförderung
   Presseerklärung IHK Leverkusen/Rhein-Berg, März 2005 [Druckversion]
Rheinische Post v. 09.03.2005 - WFL kein Tummelfeld für politische Themen