CDU-Fraktion im Rat der Stadt Leverkusen
An den
Oberbürgermeister
der Stadt Leverkusen
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
wir möchten Sie bitten, folgenden Antrag zur Beratung und Beschlussfassung in die zuständigen Gremien des Rates zu geben:
Antrag:
Die Stadt Leverkusen stellt der WFL GmbH einmalig im Haushaltsjahr 2004 einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 750.000 € zur Verfügung.
Begründung:
Die Gemeinden sollen mit ihren verfügbaren Mitteln wirtschaftlich und sparsam umgehen (§ 75 Abs. 2 GONW) und sind insbesondere durch das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft zur Wahrung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts aufgefordert (§ 16 i.Vm. § 1 StWG; § 75 Abs. 1 GONW). Es gibt mit dem Stabilitätsgesetz ein rechtliches Gebot zum Wirtschaftswachstum *1 ! Damit gehört die Förderung der heimischen Wirtschaft - hier insbesondere durch eine entsprechende Strukturerhaltungs- und Strukturgestaltungspolitik - nicht zu den sog. "freiwilligen" Leistungen einer Gemeinde, sondern ist Pflichtaufgabe!
Der Wirtschaftsstandort Leverkusen befindet sich seit Anfang der 90er Jahre in einer schwierigen Lage. In dieser Zeit wurden ca. 12.000 Arbeitsplätze vor allem im produzierenden Bereich abgebaut. Und der Scheitelpunkt ist mit der risikobehafteten Wirtschaftsstruktur noch nicht erreicht. Denn allein bei den Weltkonzernen Bayer AG und Agfa Gevaert AG wird es in den nächsten Jahren noch einen erheblichen Arbeitsplatzabbau geben. Aktuell vermeldet TMD Friction (Textar) die Verminderung der Beschäftigtenzahl, der Standort Leverkusen ist dabei ebenfalls im Gespräch.
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland haben sich in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert, und sie haben u.a. wesentlich zur schwachen bis desolaten Finanzsituation fast aller deutschen Städte geführt.
In dieser Situation ist es für Leverkusen unabdingbar, das Instrument der Wirtschaftsförderung weiter zu schärfen, um mit geeigneten Projekten einen spürbaren Beitrag zu leisten zur Arbeitsplatzschaffung und -sicherung, zum strukturellen Wandel und somit für zusätzliche Steuereinnahmen.
Die politische Entscheidung, die Wirtschaftsförderung Leverkusen zu privatisieren, hat sich als richtig erwiesen. Ihr ist es gelungen, das Vertrauen der Wirtschaft als kompetenter Partner zu gewinnen. So wurden seit Mitte 1998 mit Hilfe der WFL GmbH über 70 klein- und mittelständische Firmen neu in Leverkusen angesiedelt, zahlreiche Leverkusener Unternehmen in ihrem Bestand gesichert und über 1.000 neue Arbeitsplätze geschaffen.
Gleichzeitig hat die WFL mit Projekten wie dem Gesundheitshaus, dem TasteOne, dem Bioplex oder dem Verkauf von ca. 40.000 m² Fläche im IPL dazu beigetragen, dass in den vergangenen Jahren erhebliche Investitionen in Leverkusen gebunden werden konnten. Diese und weitere Standortentscheidungen haben dazu geführt, dass Leverkusen inzwischen auf einem erfolgreichen Weg hin zu mehr Beschäftigung im tertiären Sektor ist. Außerdem hat sich mit der WFL GmbH die Wahrnehmung des Wirtschaftsstandortes zwischen den Metropolen Köln und Düsseldorf verändert. Leverkusen wird von vielen Unternehmen als Alternative gewählt, neben vielen anderen Standortvorteilen vor allem aufgrund individueller Betreuung durch die WFL.
Angesichts der aktuellen Haushaltssituation der Stadt Leverkusen ist nun zu entscheiden, ob die WFL diesen strukturpolitisch ausgerichteten Weg weiter gehen kann oder künftig nach Kriterien der Finanzpolitik geführt werden soll!
Der Aufsichtsrat der WFL GmbH hat sich in seiner Sitzung am 16.09.03 mehrheitlich dafür ausgesprochen, das Personal- und Sachmittelbudget in 2004 um ca. 110.000 € zu senken. Wird dieser Beschluss umgesetzt, dann muss die WFL ihren Personalbestand von 7,5 auf 6,5 Stellen reduzieren und das Budget für Standortmarketing und Strukturentwicklung erheblich reduzieren.
Die CDU beabsichtigt, der Entscheidung des Aufsichtsrates nicht zu folgen, da diesem Beschluss - unter dem Diktat des Haushaltssicherungskonzeptes - rein fiskalische Gesichtspunkte zugrunde liegen.
Bei der schwierigen wirtschaftlichen Lage von Unternehmen in Leverkusens, die zu erheblichen Steuerverlusten geführt hat und voraussichtlich noch führen wird, wäre eine Reduzierung der Aktivitäten der WFL kontraproduktiv.
Die CDU-Fraktion fordert ein antizyklisches Verhalten: Die WFL GmbH muss zum Wohle der Stadt Leverkusen gerade jetzt in die Lage versetzt werden, für erfolgreiche Projekte zur Arbeitsplatzschaffung und -sicherung in Leverkusen die notwendigen finanziellen Ressourcen zur Verfügung zu haben.
Zu den Aufgaben zählen insbesondere die Projektentwicklung für neue Investitionsvorhaben in Leverkusen, die Vermarktung des Bioplex, Ansiedlungen im IPL, Messe-Präsentationen, Technologieförderung und Einzelhandelsentwicklung.
Durch einen einmaligen zusätzlichen städtischen Zuschuss in Höhe von 750.000 € im Jahre 2004 wird die WFL in die Lage versetzt,
mit dem heutigen Personalbestand von 7,5 Stellen künftig weiter
erfolgreich arbeiten zu können,
das dringend notwendige Standortmarketing innerhalb und außerhalb Leverkusens
weiterhin auf einem professionellen Niveau zu betreiben und
die finanziellen Grundlagen der WFL in den nächsten Jahren zu sichern.
Der Einsatz von freiem Kapital ist auch deshalb notwendig, da sich in der Vergangenheit z.B. das Einbringen von städtischen Grundstücken z.T. als problematisch erwiesen hat. Bei veränderten marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Restriktionen in Genehmigungsverfahren, deren Gründe außerhalb Leverkusens liegen, zeigte sich, dass die Marktfähigkeit nicht immer den erwarteten Annahmen entsprach.
Mit der Auszahlung des Zuschusses wird die WFL beauftragt, neue Initiativen insbesondere in den Bereichen Technologie-, Dienstleistungs- und Handelsförderung zu starten. In diesen Bereichen sind die Chancen Leverkusens am größten, den strukturellen Wandel mit dem Ziel eines höheren Beschäftigungsniveaus zu erreichen. Dabei soll die WFL auch alle Möglichkeiten im regionalen Verbund (Regio Rheinland, Städte Köln und Düsseldorf usw.) nutzen.
*1
Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) - Stabilitätsgesetz
Vom 8. Juni 1967 (BGBl. I S. 582) Stand: 26.02.1993
§ 1 [Erfordernis des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts]
Bund und Länder haben bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten. Die Maßnahmen sind so zu treffen, daß sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen.[...]
§ 16 [Haushaltswirtschaft der Gemeinden und Gemeindeverbände]
(1) Gemeinden und Gemeindeverbände haben bei ihrer Haushaltswirtschaft den Zielen des § 1 Rechnung zu tragen.
(2) Die Länder haben durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, daß die Haushaltswirtschaft der Gemeinden und Gemeindeverbände den konjunkturpolitischen Erfordernissen entspricht.
Vergl. auch: Wirtschaftsförderung in Leverkusen - Leverkusen muss auf Internationalisierung setzen!
Positionspapier Bernhard Marewski, Rh. - 15.12.2003
|
|