|
Leverkusen, den 27.04.2007 |
Absolutes Rauchverbot an Schulen in NRW ohne Ausnahmen - jetzt!pdf
Brief an die 187 Landtagsabgeordneten NRW
über die Fraktionsgeschäftsstellen
der CDU, SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP
An
Herrn/Frau ____________________
Mitglied des Landtages Nordrhein-Westfalen
Sehr geehrte/r Frau/Herr _______________
Berlin hat es seit 2004, Hessen seit 2005, Bayern seit 2006 und Thüringen hat es für das kommende Schuljahr beschlossen: Das absolute Rauchverbot an Schulen ohne Ausnahmen.
Und das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen?
Weiterhin im Dornröschenschlaf.
Wo sind die Initiativen der Landtagsfraktionen wie in anderen Bundesländern? Unmittelbarer Handlungsbedarf für Schulen wird nicht gesehen, lieber diskutiert man über Rauchen oder Nichtrauchen in Eckkneipen oder Festzelten. Zwar heißt es in Nordrhein-Westfalen: "Auf dem Schulgrundstück sind [...] sowie das Rauchen verboten" - so das Gesetz zur Schulgesundheit vom Februar 2005 -, aber Ausnahmen werden ausdrücklich zugelassen. So können die Schulkonferenzen der Schulen des Landes z.B. “Zimmer für rauchende Lehrerinnen/Lehrer und/oder für rauchende Schülerinnen/
Schüler” zulassen oder das Rauchverbot bei Schulfesten aufheben.
Unmittelbar danach setzte sich Dr. Martina Pötschke-Langer (Deutsches Krebsforschungs-zentrum Heidelberg) mit dieser "neuen" Regelung kritisch auseinander und kam zu dem Ergebnis: "Das schlechte Beispiel von Nordrhein-Westfalen macht deutlich, dass nur gesetzlich verankerte Vorgaben für rauchfreie Schulen ohne Ausnahmemöglichkeiten sinnvoll sind." 1)
Mit dem neuen Schulgesetz werde sich das Rauchverhalten in der Schule nicht ändern, im Gegenteil, die Raucherlaubnis werde nur auf eine breitere Basis gestellt. Die Kritik, dass dieses Gesetz nunmehr "dem Rauchverhalten Tür und Tor öffnet", verhallte.
Beispiele in anderen Bundesländern zeigen, dass dort die Landespolitiker erkannt habe, dass nur klare und eindeutige Rauchverbote in den Schulen zum Erfolg führen: "In vielen Schulen wurden sogenannte Raucherecken eingeführt und darauf vertraut, mit Überzeugungskraft und Ausdauer gegen das Rauchen vorgehen zu können. Diese Bemühungen sind angesichts neuester Untersuchungsergebnisse gescheitert. [...] Offensichtlich kommen wir mit den herkömmlichen Maßnahmen nicht gegen die Verlockung des Rauchens und die Werbemillionen der Tabakindustrie an", so in einem Rundschreiben der hessischen Kultusministerin Karin Wolff vom 21.12.2004 zu "Rauchverbot an Schulen".
Das hessische Schulgesetz von 2004 zeigt sich nicht nur darin konsequent, dass auch keine Raucherecken mehr zugelassen werden, sondern es verweist auf die eindeutige Vorbildposition der Lehrkräfte. Auch für Lehrerinnen und Lehrer gilt uneingeschränkt das Rauchverbot in den Schulen, und "Maßnahmen" gegen Verstöße reichen von "Hinweisen" über "Belehrungen" bis hin zu "Disziplinarverfahren".
Mein Schreiben an den Ministerpräsidenten des Landes NRW, Dr. Jürgen Rüttgers, von Anfang März des Jahres, dass vor Regelungen zum möglichen Rauchen in Gaststätten und Eckkneipen der absolute Nichtraucherschutz in Schulen viel vordringlicher sei, wurde von der Staatskanzlei erst gar nicht an ihn weitergeleitet, sondern in einer Abteilung des Schulministerium abgelegt. Von dort kam nach Wochen die Meldung, die Landesregierung arbeite derzeit an dem Entwurf eines Nichtraucherschutzgesetzes, Einzelheiten könne man noch nicht mitteilen.
Na dann, Regierungsmühlen mahlen langsam.
Gleichlautende Schreiben an die Schulministerin des Landes, Barbara Sommer, und den Gesundheitsminister, Karl-Josef Laumann, blieben ohne jegliche Antwort, seit Wochen.
Dass Rauchen und auch Passivrauchen gesundheitsschädigend sind, steht außer Frage. Das räumen auch die Tabakkonzerne ein, verweisen aber gerne auf das freie Entscheidungsrecht jedes Einzelnen. Das mag man für die Raucher gelten lassen, für die Nichtraucher kann und muss der Schutz jedoch uneingeschränkt sein. Und das schließt Rauchen und Passivrauchen in allen öffentlichen Einrichtungen absolut aus.
Bei den Schulen kommt hinzu, dass es nicht nur einen Lehrauftrag, sondern auch einen Erziehungsauftrag gibt. Und wenn man weiß, dass das Rauchen durchweg im jugendlichen Alter und heute teilweise sogar schon im Kindesalter beginnt, kommt der allgemeinen Suchtprophylaxe in der Schule besondere Bedeutung zu.
Hierzu gehören eindeutige Regelungen sowie Hinweise auf Sanktionen, wenn gegen Regelungen verstoßen wird. Hierzu gehören aber insbesondere auch begleitende Maßnahmen, entweder die, die aufklärerisch auf Einsichten zielen, oder solche, die bereits rauchende junge Menschen durch “Entwöhnung” wieder von der Sucht befreien können.
Zur Suchtprävention ist vor allem die Schule geeignet. Kinder und Jugendliche verbringen dort einen großen Teil ihrer Zeit und bauen ihre freundschaftlichen Beziehungen auf. Zur Glaubwürdigkeit schulischer Suchtprävention gehören rauchfreie Schulen - uneingeschränkt.
Wann beginnen in Nordrhein-Westfalen die Landespolitiker aller Fraktionen endlich damit, das Thema "Absolutes Rauchverbot in den Schulen ohne Ausnahmen" auf die Tagesordnung zu setzen? Fehlt der Mut? Oder ist die Lobby der Tabakindustrie in NRW zu mächtig?
In anderen Bundesländern hat man gehandelt. Und erste Untersuchungsergebnisse zeigen, dass dort in der Folge der Anteil jugendlicher Raucher tatsächlich zurückgegangen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Marewski
Studiendirektor
Mitglied des Rates der Stadt Leverkusen
PS:
Eine Dokumentation zum Thema finden Sie im Internet unter: www.karhu.de/nichtraucherschutz
-
1)
Pötschke-Langer M (2005): Rauchfreie Schulen - Bedeutung und Umsetzung. Informations-dienst zur Suchtprävention; 17: 13-24. Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg
Dieses Schreiben als pdf-Datei
|
|