Nichtraucherschutz
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Bernhard Marewski, Rh.
10.03.2007
10.03.2007
Brief an Herrn Ministerpäsidenten Jürgen Rüttgers pdf
27.03.2007
Brief an Frau Ministerin Barbara Sommer pdf
Brief an Herrn Minister Karl-Josef Laumann pdf
Herrn
Ministerpräsident
Jürgen Rüttgers
Staatskanzlei
des Landes Nordrhein-Westfalen
40190 Düsseldorf

Absolutes Rauchverbot an Schulen sofort - und ohne Ausnahmen!

Nichtraucherschutz darf nicht in beliebige Entscheidungen von Schulkonferenzen fallen

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

das Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Februar 2005, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Juni 2006, hat zum Thema "Nichtraucherschutz in Schulen" seit 2 Jahren keine Änderungen erfahren. Dies ist umso unverständlicher, nachdem zunehmend die Gesundheitsgefährdung durch Rauchen und (!) durch Passivrauchen in das Bewusstsein der Menschen gedrungen ist.

Im Schulgesetz NRW (SchulG) vom 15.02.2005, § 54 Schulgesundheit, Absatz 5, heißt es immer noch:

(5) Auf dem Schulgrundstück sind im Zusammenhang mit schulischen Veranstaltungen der Verkauf, der Ausschank und der Genuss alkoholischer Getränke sowie das Rauchen untersagt. Für Schulveranstaltungen außerhalb des Schulgrundstücks gilt Satz 1 entsprechend. Über Ausnahmen entscheidet die Schulkonferenz. Branntweinhaltige Getränke und sonstige Rauschmittel sind in keinem Fall erlaubt.

Die im Schulgesetz angesprochenen "Ausnahmen" wurden bis heute nicht weiter durch Verwaltungs- oder Ausführungsvorschriften bestimmt!

Dafür findet sich im "Bildungsportal NRW" (Schulministerium NRW!) eine großzügige Auslegung [Fragen- und Antworten zum Rauchverbot an Schulen] - zu Lasten der Gesundheit, insbesondere der Lehrkräfte, deren Arbeitsplatz die Schule ist.

Dort wird der Schulkonferenz einer Schule der Beschluss verschiedenster Ausnahmen großzügig eingeräumt:

" - anlassbezogene Ausnahmen (z. B. für bestimmte Veranstaltungen: Schulfest, Abiturfeier)
- raumbezogene Ausnahmen (z. B. Zimmer für rauchende Lehrerinnen/Lehrer und/oder
für rauchende Schülerinnen/Schüler)
- personenbezogene Ausnahmen (z. B. für Gäste)"


Weiter heißt es:

"Die Schulkonferenz darf die Ausnahmen aber nicht so weit fassen, dass sie zur Regel werden."

Dies ist mit Bezug auf die vorausgehenden Aussagen mit dem gängigen Rechtsverständnis überhaupt nicht nachzuvollziehen: Die Einrichtung fester Raucherzimmer für Lehrer/innen und sogar (!) für Schüler/innen (Bravo!) kann nur als Regel-Entscheidung verstanden werden, da eine Entscheidung dazu eine Regelung über einen längeren Zeitraum, wenn nicht sogar auf Dauer schafft.

Schließlich:

"Sie ((Schulkonferenz)) muss ferner immer beachten, dass Nichtraucherinnen und Nichtraucher durch die Ausnahmen nicht belästigt werden."

Wer immer eine solche Formulierung gewählt hat, verkennt völlig, dass es sich hier nicht um eine "Belästigung" handelt, sondern um eine hinreichend belegte Gesundheitsgefährdung und -schädigung!

Vergl. u.a.: Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg, Band 5, S. 5 , Passivrauchen – ein unterschätztes Gesundheitsrisiko: "Für die im Passivrauch enthaltenen Kanzerogene können keine Wirkungsschwellen als Dosismaß definiert werden, unterhalb derer keine Gesundheitsgefährdung zu erwarten wäre. Auch kleinste Belastungen mit den im Tabakrauch enthaltenen gentoxischen Kanzerogenen können zur Entwicklung von Tumoren beitragen."

Völlig außen vor bleibt die Anwendung der Arbeitsstättenverordnung bei den Landesbediensteten in Schulen des Landes NRW.

Vergl.: ArbStättV, § 5 Nichtraucherschutz, "(1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind."

Die Landesregierung nimmt es billigend in Kauf - nein, den Ausführungen des NRW-Bildungsministeriums zufolge mit konkreter Nennung von Ausnahmemöglichkeiten wird sogar noch dazu ermuntert -, dass die Schulkonferenzen - dort neben den Lehrern die Eltern und Schüler - frei über die Gesundheitsgefährdung der an der Schule unterrichtenden Lehrer/innen entscheiden können. Dies ist skandalös!

Dass mit dem Steueränderungsgesetz 2007 unter anderem die Anerkennung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer bei Lehrkräften abgeschafft wurde und das Finanzministerium damit offenbar der Auffassung vertritt, dass der Arbeitsplatz der Lehrer/innen in der Schule sei - in NRW mit der Option "Passivrauchen inklusive" -, sei nur am Rande erwähnt.

Herr Ministerpräsident, der WDR berichtete am 24.02.2007, dass die Landesregierung NRW beim bundesweiten Rauchverbot bei Kneipen einen Sonderweg gehen wolle. In diesem Zusammenhang hieß es im WDR-Beitrag: "Ähnlich äußerte sich Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). "Wirte sollten die Möglichkeit haben, ihr Lokal zum Raucherlokal zu erklären", sagte er der "Bild am Sonntag".

Die Schulen in NRW gehen diesen Sonderweg schon! - Oder noch?
Die Schulkonferenzen - die "Wirte" - bestimmen.

Es gibt nur einen Unterschied zwischen Kneipe und Schule: Man kann frei entscheiden, ob man überhaupt und gegebenenfalls in welche Kneipe man geht. In die Schule aber muss man gehen.

Die Landesregierung ist aufgefordert, sich ihrer Verantwortung nicht länger zu entziehen und endlich zu handeln.

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Marewski



Siehe dazu:

Martina Pötschke-Langer: "Das schlechte Beispiel von NRW macht deutlich, dass nur gesetzlich verankerte Vorgaben für rauchfreie Schulen ohne Ausnahmemöglichkeiten sinnvoll sind." (2005)

aus:
Pötschke-Langer M (2005): Rauchfreie Schulen - Bedeutung und Umsetzung. pdf
Informationsdienst zur Suchtprävention; 17: 13-24

Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg


Presse:

12.03.2007 :: Rheinische Post - Rhein-Wupper-Zeitung
Skandalöse Raucherregel & Legalisierte Krankmacher (Zwischenruf)