Stellungnahme 1 der CDU-Fraktion zur 3. Gesamtschule
22.10.2007
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"Errichtung einer 3. Gesamtschule in Leverkusen"

Ratsantrag R 991/16.TA der SPD*, Bürgerliste, Grüne, ProOP

Stellungnahme 1 der CDU-Fraktion
in der Ratssitzung am 22.10.2007


Bernhard Marewski, schulpolitischer Sprecher

( Es gilt das gesprochene Wort )
Stellungnahme 2
der CDU-Fraktion


Klaus Hupperth
Fraktionsvorsitzender

1.
Wir haben in NRW ein akzeptiertes 4-gliedriges Schulsystem mit guter Wahlfreiheit und einer guten Durchlässigkeit - das gilt auch und insbesondere in Leverkusen.

2.
Die weiterführenden Schulen in Leverkusen haben in den zurückliegenden Jahren intensiv an einer eigenen Profilbildung gearbeitet, und sie haben ihre inhaltlichen Schwerpunkte gesetzt. Wir haben in den jeweiligen Schulformen ausgebildete eigene Schulprofile.

3.
Wir haben in Leverkusen eine ausgezeichnete Schullandschaft, die praktisch allen Neigungen und Interessen von Schülerinnen und Schülern entgegenkommt - dies ist im Feld der sog. weichen Standortfaktoren bedeutsam und wirkt deutlich positiv nach außen.

4.
Seit weit über 10 Jahren haben wir "Ruhe" in der Leverkusener Schullandschaft. Dieser äußere Umstand kam dem zugute, was Schulen eigentlich leisten sollen: Lehre und Erziehung.

5.
Abgesehen davon, dass alle Schülerinnen und Schüler in Leverkusen schulraummäßig gut versorgt sind, so ist in den Schulen baulich etliches geschehen.
Nicht nur die PCB-Sanierungen sind erfolgt, sondern in diesem Zusammenhang sinnvollerweise auch notwendige Modernisierungen. Unsere Schulen sind gut aufgestellt - was nicht heißt, dass kein Handlungsbedarf mehr bestünde. Zu denken ist hier konkret an die auf den Weg gegebenen Sanierungs- und Erneuerungsmaßnahmen im Bereich der Naturwissenschaften der Gymnasien, deren Kosten aber erst einmal finanziell aufzubringen sind.
Wir alle wissen, welche großen Anstrengungen - insbesondere finanzieller Art - wir vor uns haben bei der Umsetzung der Offenen Ganztagsschulen (OGS). Hier zeichnet sich heute ab, dass der notwendige Rahmen sich aufgrund der Finanzlage der Stadt Leverkusen offenbar nicht so umsetzen lässt, wie es erforderlich wäre.

6.
Die weiterführenden Schulen - und hier insbesondere die Gymnasien ... aber auch die gymnasialen Oberstufen der Gesamtschulen sind tangiert - sind im erheblichen Umbruch infolge der Schulzeitverkürzung mit dem Abitur nach 12 Jahren. Dabei geht es auch um Änderungen in der Unterrichtsstruktur - Unterricht an Nachmittagen mit notwendiger Übermittagsbetreuung, z.B. - aber auch um Neustrukturierung bei den Lerninhalten. Dieser Entwicklungsprozess wird von den Lehrkräften intensiv begleitet und von den Eltern mit großem ehrenamtlichen Engagement unterstützt.

7.
Eine wohlfunktionierendes Schulwesen in Leverkusen gerät nun in Gefahr - aus ideologischen Gründen. Es gibt gute Argumente für das Funktionieren unseres viergliedrigen Schulsystems, aber kein einziges Argument, dass die Gesamtschule allein Gleiches zu leisten vermag.

8.
In einer Überraschungsaktion hat sich die SPD-Fraktion an die Spitze der Bewegung gestellt und will nun mit aller Macht im Hau-Ruck-Verfahren die 3. Gesamtschule durchsetzen.
Noch in der Sitzung des Schulausschusses (11.09.2007) des laufenden Turnus’ hat sie für eine Vertagung bis nach Vorlage der erwarteten Teil-Schulentwicklungspläne gestimmt.
Nun erhalten wir 2 Tage vor der Ratssitzung urplötzlich einen Antrag zu tiefgreifenden Veränderungen in der Leverkusener Schullandschaft.
Der Antrag lässt allerdings inhaltlich erkennen, dass er von langer Hand vorbereitet wurde.

9.
SPD, Bürgerliste, Grüne und ProOP reklamieren heute ein besonderes Bedürfnis an Plätzen an Gesamtschulen und verweisen dabei auf die Zahl der abgewiesenen Schüler an den Gesamtschulen in diesem Schuljahr. Ja, das stimmt, in diesem Jahr ist die vom Gesetzgeber angegebene Zahl für die Neuerrichtung einer Schule von 112 Schülerinnen und Schülern überschritten worden, in den vorausgegangen 6 Jahren lagen die Zahlen aber alle zwischen 49 und 67, fast ausschließlich Schülerinnen und Schüler mit Hauptschulempfehlungen, die an den Gesamtschulen abgewiesen wurden.

10.
Werfen wir einen weiteren Blick in die Schulstatistik Leverkusens, so zeigen sich für die Zeit von 1996 bis 2006 folgende Schülerzahlenentwicklungen (*1):

Hauptschulen: - (minus) 10% , Realschulen + 20 %, Gymnasien + 11%, Gesamtschulen + 7 %

Das ist die Realität.
Man braucht nur wenig, um nachzuvollziehen, wo der Rückgang bei den Schülerzahlen in den Hauptschulen zu verbuchen ist. Er ist insofern nachzuvollziehen, da die Gesamtschulen eine Ganztagsbetreuung bieten, die Leverkusener Hauptschulen nicht. Und dort, wo diese Möglichkeit nun geschaffen werden soll, die Theodor-Wuppermann-Schule als gebundene Ganztagshauptschule zu führen, gibt es starke Kräfte der neuen Koalitionäre, genau dies zu versagen.

(*1) vergl.: Entwicklung der Schülerzahlen an allgemeinbildenden Schulen 1996-2006 in NRW [LDS NRW]

11.
Werfen wir einen Blick in die Zukunft:

Die Zeit der Zuwächse bei den Schülerzahlen ist längst vorüber. Wie bereits in der unter Mitarbeit von Prof. Dr. Herrmann Bötsch Anfang der 90er Jahre erarbeiteten Analyse angeführt, ist bis Mitte dieses Jahrzehntes die höchste Zahl an Kindern und Jugendlichen in unseren Leverkusen Schulen insgesamt erreicht worden.

Nach Angaben des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik NRW wird für die Zeit von 2005 bis 2020 die Zahl der gerade Geborenen bis einschließlich 18-Jährigen in Leverkusen um knapp 20 % zurückgehen.

Es wird Platz in den Schulen geben! Alle Schulen werden ohne Druck allen Wünschen der Eltern zu einer bestimmten Schulform gerecht werden können - im heute vorhandenen Schulraum!

Nur am Rande erwähnt, allerdings ein dramatisches Signal für die Seniorenwirtschaft: In der gleichen Zeit wird die Zahl der 75-jährigen und älter um nahezu 50 % steigen.

Wer also jetzt Schulumbau und neuen Schulraum fordert, verschwendet Steuergelder, vermindert weiter die Leistungsfähigkeit unserer völlig überschuldeten Stadt und entzieht finanzielle Mittel künftiger Seniorenfürsorge.

12.
Ich zitiere nun aus der Stellungnahme, die ich für die CDU-Fraktion vor gut 10 Jahren - in der Ratssitzung am 30.06.1997 - im Zusammenhang mit dem Schulentwicklungsplan 1996-2000 abgab.

Damals war die 3. Gesamtschule auch Thema gewesen, bei einer anderen, unvergleichlich besseren Finanzsituation Leverkusens. Damals waren aber die Blessuren, die alle (!) politischen Kräfte sich mit der Durchsetzung der 2. Gesamtschule geholt hatten, offenbar so gegenwärtig, dass das Ansinnen nicht weiter verfolgt wurde. Das war gut so.

Ich zitiere: "Den Überlegungen zur Errichtung einer 3. Gesamtschule in Leverkusen erteilen wir eine klare Absage. Mit uns wird es weder eine Umwandlung des Landrat-Lucas-Gymnasiums noch der Hauptschule Neukronenberger Straße geben - und auch keiner anderen Schule in Leverkusen."

Und mit Bezug auf den Runderlass zur "Errichtung (...) von weiterführenden (...) Schulen", und das gilt auch noch heute:

"Es muss festgestellt werden, dass 1. die Aufnahmekapazitäten praktisch aller Leverkusener weiterführender Schulen erschöpft sind, somit ein "Bedürfnis zur Fortführung" dieser Schulen besteht - und 2. dass auch keine der Leverkusener Hauptschulen in ihrer Fortführung zur Disposition stehen kann.
Im Gegenteil, es besteht grundsätzlich dringender Bedarf für den Ausbau der GHS Görresstr. als Ganztagshauptschule."


Anmerkung: Damals waren die dafür notwendigen baulichen Maßnahmen am Standort Görresstr. nicht umsetzbar gewesen. Dafür steht heute als Ziel die Einrichtung der Theodor-Wuppermann-Schule als Gebundene Ganztagshauptschule!

Weiter hieß es: "Zum weiteren verweist der Runderlass auf die Genehmigungsvoraussetzungen für die Errichtung und Änderung von Schulen. Darunter zählt auch die erforderliche Verwaltungs- und Finanzkraft des Schulträgers."

Letzteres allein ist Grund, so die Erlasslage, dass die Genehmigung "für die Errichtung und Änderung von Schulen im Einzelfall" versagt werden muss.

Ich schließe mit einem Zitat von damals, das auch heute die Gültigkeit nicht verloren hat:

"Es gilt heute und in den nächsten Jahren, mit den vorhandenen finanziellen Ressourcen die Leverkusener Schullandschaft zu stärken, nicht umzubauen!"

Bernhard Marewski, Rh.

Schulpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Leverkusen
22.10.2007